Was fasziniert Westler am Buddhismus?

Alles zu Thailand, was sonst nirgends Platz findet
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Bruninho
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#31

Beitrag von Bruninho »

Ich habe mit Religionen rein gar nichts am Hut.

Ich meine Religionen sind irrational, dienten und dienen, vereinfacht gesagt, in erster Linie der Disziplinierung und Unterdrückung der Völker.

Selbstverständlich gibt es bei allen Religionen Denkansätze, die ich ebenfalls teile.

Aber, um die Eingangsfrage für mich zu beantworten:
Ich würde lügen, wenn ich behaupten würde, der Buddhismus würde mich faszinieren!

:wai:

WinWin
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#32

Beitrag von WinWin »

Mir ist klar, dass ich hier gegen den Strom derjenigen schwimme, die den Buddhismus als Religion sehen, vermutlich deshalb, weil er in Thailand als solche in Erscheinung tritt. Für mich ist er keine Religion, sondern eine Lebensphilosophie.

Eine Religion braucht Priester und Rituale. Der Buddha war gegen beides, hat sich über beides lustig gemacht.

Die meisten Westler, die mit Buddhismus in Berührung stehen, die ich kenne, halten nicht viel von Religion, und schauen eher erstaunt auf Auswüchse, wie sie in asiatischen Ländern gepflegt werden.

Andererseits ist es eben so, dass das einfache Volk Rituale und einfache Antworten will.
in erster Linie der Disziplinierung und Unterdrückung der Völker.
inwiefern Disziplinierung auch Unterdrückung ist, ist im Falle von Thailand fraglich. Religion hat auch einen kultivierenden Aspekt: etwas wird gepfegt, was Sinn macht. Wäre dort keine Religion, wie sie eben ist, wärst du vermutlich dort nicht willkommen und würdest eben auch nicht so liebe Menschen finden, wie es sie eben dort gibt.

Fast alles was es gibt, kann von Machthungrigen missbraucht werden. Aber es sind doch vorallem die ach-so-nächstenliebenden Christen, welche U nterdrückung,Tod und Vernichtung in die Welt brachten und noch bringen (siehe die Amis zZ im arabischen Raum, und ein bisschen früher in Südostasien.) Es sind die missionarischen Religionen, die Unfrieden und Gewalt säen: Ideensysteme, die Dominanz suchen. Der Buddhismus war und ist das nicht von seinem Ursprung her, und das ist an sich etwas Faszinierendes, jedenfalls für die, die sich Gedanken dazu machen.

grunder9
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#33

Beitrag von grunder9 »

Auch ich komme gut ohne Religion, Lehre oder Lebens-Philosophie aus. Der Buddhismus finde ich in der Form wie von den meisten Thais praktiziert wird grösstenteils einfach symphatisch. Das zwangslose im Dorftempel, die Stille im Waldtempel, der Sing-Sang der Mönche, die Glocken- oder Trommelschläge in der Nacht gefallen mir. Nicht mehr und nicht weniger.
Freundliche Grüsse
grunder
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bukeo
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#34

Beitrag von bukeo »

WinWin hat geschrieben: Eine Religion braucht Priester und Rituale. Der Buddha war gegen beides, hat sich über beides lustig gemacht.
jede Kirche hat Priester und pflegt ihre christlichen Rituale. Im Buddhismus gibt es Tempel und die haben Mönche, die ihre buddh. Rituale pflegen. Hast du schon mal eine buddh. Hochzeit mit all den buddh. Ritualen miterlebt.
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thedi
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#35

Beitrag von thedi »

bukeo hat geschrieben:Hast du schon mal eine buddh. Hochzeit mit all den buddh. Ritualen miterlebt.
Mit der Hochzeit hast Du ein schlechtes Beispiel gewählt. Tatsächlich hat das nichts mit Buddhismus zu tun. Zwar werden bei einer Hochzeit normalerweise am Morgen Mönche ins Haus der Braut eingeladen, aber die verlassen das Haus vor der eigentlichen Hochzeitfeuer wieder. Die Hochzeitzeremonie macht ein 'ziviler' Zeremonienleiter. Der rezitiert auch Pali Texte - aber es hat trotzdem nichts mit Buddhismus zu tun.

Der Ausdruck 'Buddhistische Hochzeit' ist daher irreführend. 'Traditionelle Thai Hochzeit' wäre besser.

In DACH führte die Kirche Zivilstandsregister. Thai Wats machten das nie. Das ist wieder so ein Unterschied zwischen christlichen Kirchen und Buddhistischen Orden: bei den Christen wurde man mit der Taufe zu einem Mitglied der Kirche - und hatte damit dann später auch das Ticket für in den Himmel, was Ungetauften versagt blieb - für die blieb nach dem Tod nur die Hölle. Bei den Buddhisten gibt es keine solche Mitgliedschaft und entsprechend auch keine Kontrolle über die Schäfchen. Der Zivilstand der Laien-Gemeinde interessiert Buddhistische Mönche nicht.

Trotzdem hast Du Recht: in Thailand sind Buddhismus, Bramanentum, Traditionen, Geister- und Aberglauben eng mit einander vermischt und auch von Thais manchmal kaum auseinander zu halten. Mönche waren sicherlich ein wesentlicher Grund, warum sich die Buddhistischen Lehren und Traditionen über die Zeit erhalten haben.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi
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thedi
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#36

Beitrag von thedi »

Was fasziniert Westler am Buddhismus?

Ich habe dieses Thema in diesem Thread interessiert verfolgt und komme für mich zum Schluss: die Gründe für die Faszination des Buddhismus sind so verschieden wie die Leute selbst.


Jeder Besucher Thailands war schon von der Buddhistischen Kultur fasziniert: Architektur, Räucherstäbchen, goldene Buddha-Figuren. Wer jemals einen grossen Tempel besuchte und die Atmosphäre einmal etwas auf sich einwirken liess, der wird sich noch lange an ein spezielles Erlebnis erinnern.

Andere finden genau das nur störendes Beigemüse - sie sind von der Lehre fasziniert. Je nach Quelle kommt die wie moderne Wissenschaft daher - oder es sind faszinierende Geschichten der letzten Leben Gotamas vor seiner Erleuchtung zum Buddha. Zwischen diesen Extremen gibt es noch viele Varianten - das Spektrum ist breit. Man kann fast sagen: es hat für jeden Geschmack etwas.

Wiederum andere sind von einem grossen Lehrer, Guru, Ajan oder Erleuchteten beeindruckt und fasziniert. Dalai Lama, Ajan Mun, Gotama himself, wer auch immer - und finden alle anderen Lehren bzw Texte als hereditär- oder doch mindestens nicht echt.

Anderseits gibt es diejenigen welche Lehrer und geistige Führer jeglicher Art ablehnen und sich nur auf ihre eigenen Erfahrungen und Erkenntnisse verlassen wollen - wie das Buddha gelehrt hat - sie stören sich nicht an diesem Widerspruch: man lehnt Lehrer ab, weil Buddha das so sagte?

Widersprüche gehören zu Buddhismus fast wie das Weihwasser zur Katholischen Kirche. Man kann auch davon fasziniert sein.

Es gibt Leute, die finden den Gedanken einfach tröstlich, dass es nach dem Tod eine nächste Geburt geben wird. Der Tod verliert seinen Schrecken. Sie schätzen an der Idee vielleicht auch die Aussicht auf absolute Gerechtigkeit: dem Karma kann keiner entrinnen - die Quittung kommt, wenn nicht in diesem Leben dann halt später - aber sie wird auf jeden Fall mit aller Wucht kommen. Rache ist süss.

Man kann auch Buddhist sein ohne an ein Leben nach dem Tod zu glauben. Einigen ist beim Gedanken an einen Tod ohne Fortsetzung wohler als bei der Vorstellung, auf alle Ewigkeit im Hamsterrad strampeln zu müssen. In den Pali-Texten die auf Buddha zurück geführt werden, sei nirgends eine Antwort auf die Frage zu finden, was nach dem Tod sein wird. Auf solche Fragen habe der Meister immer geantwortet: “Lebe jetzt bewusst und richtig. Das tut dir in diesem Leben gut. Und kann für später auf jeden Fall auch nicht falsch sein."

Nur wenige wählen für sich den steinigen, steilen Weg - den Weg zur Erleuchtung, zum Nirvana, egal wie viel Entsagungen das nun heute mit sich bedingt: sie wollen vorwärts kommen.

Wieder andere glauben nicht an ein zu erreichendes Ziel des Leben. Sie halten das Streben nach einem Ziel vielmehr als Hindernis um ein gutes Leben hier und jetzt zu leben.

Es gibt die Möglichkeit die einfachen Buddhistischen Alltagsregeln zu befolgen, in der Hoffnung, dass man damit besser durchs Leben kommt. Der Unterschied zu christlichen oder moslemischen Regeln ist nicht so gross. Auffällig ist allenfalls die Toleranz gegenüber Andersgläubigen und das ausdrückliche Verbot zu missionieren. Das überzeugt viele für den Buddhismus und ist vielleicht das beste Missions-Argument.

Schlussendlich kann man auch einfach fasziniert sein, wenn man seine geliebte Frau beobachtet, wie sie in gewissen Situationen andächtig und anmutig ein Wai macht. Vielleicht ist das eher Thai Tradition, Geisterglauben oder Aberglauben - aber all das gehört irgend wie mit zum Thai Buddhismus. Schliesslich und endlich: Buddhisten verschleiern ihre Frauen nicht, Buddhisten lachen öfter als DACHler. Schon nur das wären sicherlich schon gute Gründe zur Faszination.


Eigentlich könnte man fast alles in anderen Religionen auch haben. Solange man da oder dort etwas zurecht biegt - was man beim Thai Buddhismsus ja auch macht. Und nicht an irgend welche Fanatiker gerät. Das Killerargument ist für mich daher: im Buddhismus wird Toleranz in der Regel gross geschrieben. Mai pen rai passt daher recht gut zum Thai Buddhismus.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi

bukeo
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#37

Beitrag von bukeo »

thedi hat geschrieben: Mit der Hochzeit hast Du ein schlechtes Beispiel gewählt. Tatsächlich hat das nichts mit Buddhismus zu tun. Zwar werden bei einer Hochzeit normalerweise am Morgen Mönche ins Haus der Braut eingeladen, aber die verlassen das Haus vor der eigentlichen Hochzeitfeuer wieder.
ich weiss das Mönche nicht zu einer Hochzeit geladen werden müssen. Wir haben das nun aber 2x für Freunde ausgerichtet. Einmal bei uns zuhause, da luden wir 9 Mönche ein (muss immer ungerade Anzahl sein) - danach begann die Zeremonie mit den Mönchen, einer lass in Pali einiges vor. Danach wurde das heilige Band über Braut und Bräutigam, die vor den Mönchen knieten, gelegt, man tauschte die Ringe aus, schüttete Wasser aus einer Karaffe in ein Glas usw.
War aber sehr schön, zuzusehen - danach bekamen alle Gäste noch zum Abschluss ein geweihtes Band um das Handgelenk. Am Ende - das ganze hat etwa 2 Stunden gedauert, bekamen die Mönche Essen (vor 12 Uhr) und ein Kuvert und wurden verabschiedet. Die Zeremonie dauerte hier länger als bei einer christlichen Trauung, die letztens bei uns in ca 1 Stunde érledigt war.

Bei der eigentlich Hochzeitsfeier war aber letztens bei der christlichen Trauung auch keiner von der Kirche dabei. Meine thail. Schwiegermutter meinte auf meine Frage, ob es normal sei, Mönche ins Haus einzuladen - nein, es käme für die normale Bevölkerung zu teuer, die Reichen würden es aber i.d.R. machen. Sie war mit ihrem Mann am nächsten Tag im Tempel und hat sich dort sozusagen segnen lassen und beiden wurde das Band am Handgelenk verpasst. Die ärmere Bevökerung erspart sich so das Essen für die Mönche und auch die teurere Spende.

Ich würde sagen, es unterscheidet sich nicht wesentlich bei den Buddhisten. Auch wir müssen nicht zum Pfarrer, sondern Standesamt reicht.
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ZH-thai-fun
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#38

Beitrag von ZH-thai-fun »

Könnte ich mit meinem Gefühl doch recht haben als ich mal sagte, wir Farang meinen immer man "müsse" bei Hochzeiten und anderen Anlässen die "Buddhas" hinzu ziehen.
Dass kommt aber nur weil bei Farang Hochzeiten etc. "genügend" Geld da ist und dies dann die Farang so als "muss" von anderen Farang wahrnehmen. Klar das die Thai Bräute und deren Familie diese "Zusatz Zeremonie" auch als muss darstellen.
Nur wer Negatives wahr'nimmt, kann auch Positive genießen.

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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#39

Beitrag von bukeo »

ZH-thai-fun hat geschrieben:Könnte ich mit meinem Gefühl doch recht haben als ich mal sagte, wir Farang meinen immer man "müsse" bei Hochzeiten und anderen Anlässen die "Buddhas" hinzu ziehen.
Dass kommt aber nur weil bei Farang Hochzeiten etc. "genügend" Geld da ist und dies dann die Farang so als "muss" von anderen Farang wahrnehmen. Klar das die Thai Bräute und deren Familie diese "Zusatz Zeremonie" auch als muss darstellen.
niemand muss eine religiöse Trauung machen. Nicht bei uns und auch nicht bei den Buddhisten. Es machen auch nicht nur die Farangs eine sog. buddh. Trauung, auch bei der Mittel- und Oberschicht gibt es diese. Ist aber im Buddhismus freiwillig, also nicht zwingend vorgeschrieben, weil es im Buddhismus ja keine Sakramente gibt.
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ZH-thai-fun
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Re: Was fasziniert Westler am Buddhismus?

#40

Beitrag von ZH-thai-fun »

bukeo hat geschrieben:
ZH-thai-fun hat geschrieben:Könnte ich mit meinem Gefühl doch recht haben als ich mal sagte, wir Farang meinen immer man "müsse" bei Hochzeiten und anderen Anlässen die "Buddhas" hinzu ziehen.
Dass kommt aber nur weil bei Farang Hochzeiten etc. "genügend" Geld da ist und dies dann die Farang so als "muss" von anderen Farang wahrnehmen. Klar das die Thai Bräute und deren Familie diese "Zusatz Zeremonie" auch als muss darstellen.
niemand muss eine religiöse Trauung machen. Nicht bei uns und auch nicht bei den Buddhisten. Es machen auch nicht nur die Farangs eine sog. buddh. Trauung, auch bei der Mittel- und Oberschicht gibt es diese. Ist aber im Buddhismus freiwillig, also nicht zwingend vorgeschrieben, weil es im Buddhismus ja keine Sakramente gibt.
Sagte ich doch, in meinem "Schweizer-deutsch"... ;)
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