Danke für die Ratschläge an Euch beide, werde mit Niwgoy sprechen.
Der narzisstische Mensch sei ein Verliebter in sich. Das mag sein — allein, ich fühle mich wohl bei Ihnen, mich eingeschlossen, sie sind nicht so ausgekocht und ich fühle mich nicht so umschlichen, als wenn einer in meiner Hosentasche im Geldbeutel herumgrübeln möchte. Grübeln ? — — Grübel ! Das war doch so einer, Feudalbanker in der CH, dessen Stimme mich in den Nachrichten jeweils schaudern liess ; die Stimme eines Vollautomaten, unmenschlich, emotionslos. Solche Dominanzbestien halte ich kaum aus, mir stellen sich die Haare — aber sicher ein fetter Drittel der Menschen in Europa wünscht sich so einen Führer und Erlöser — bis so einer nach seiner Endlösung greift. Hitler hat ca. 60 Mio Tote auf seinem Konto. Von Stalin und Mao sind die Zahlen mir nicht bekannt.
Gestern Abend fühlte ich ein Ziehen in Geist und Körper : wir könnten nächste Woche mal auswärts essen gehen und ein Singh trinken. Niwgoy : wieso nicht heute Abend ?
Ich : fühle mich noch etwas schwach. Aber im übernächsten Dorf ist doch ein 7, die haben gut gelagertes Bier.
So gab es bei uns bloss ein gutes Süppchen, dafür ein kühles Bier nach 6 Wochen innerer Trockenheit. Wir haben uns rege unterhalten und Niwgoy hat ungestraft eine grosse Lippe riskiert, ich schien ihr zufrieden genug zu sein, um einige Wahrheiten zu vertragen : in etwa - ich käme da also einfach so her und glaube, den Volleiferarbeitshelden spielen zu können, und dann knickt der überlastete Körper im Tropenklima ein ..... (you play the hero - hat sie so gesagt) ich musste eine Menge einstecken. Ich mag es ja insgeheim, wenn sie etwas in Fahrt kommt und mir ihre Sicht offen ins Gesicht sagt. Vielleicht ist ja was Wahres dran.
Wir sind nicht gerade das übliche Thai-Falang-Paar. In Mae Hong Son kennen wir ein anderes Gemischtwarenehepaar, er sogar wie ich CH. Ex-UNICEF-Angestellter, der sich sein Leben umsichtig eingerichtet hat. Sie haben einen 15jährigen Sohn, dem die Mutter am Morgen noch die Schuluniformknöpfe zumachen muss oder besser zumachen will, für mich eine schauderhafte Vorstellung. In diesem Alter habe ich das Elternhaus bereits verlassen. Die Mutter lebt standesgemäss und muss natür,ich ihr Daseinsrevier stets abmarkieren, es geht vom Coffeeshop über manch andere Stationen bis zum Schönheitschirurgen, der pro Jahr gleich mehrmals herumschnippseln darf. Jetzt soll er dann an die Titten ran, da ist natürlicherweise kaum etwas zu sehen oder besser zu erahnen unter dem Kleid.
Er ist in der Winterzeit hier und beherbergt Freunde als Gäste. Die Schweizer sind etwas sektenanfällig und so ist er eifrig daran, zu einer genau definierten und natürlich zur richtigen Richtung im Glauben zu gehören. Wir mögen uns nicht besonders. Niwgoy wäre sogar im Thaidamenkränzchen der Falangmänner willkommen gewesen, aber sie sei mehr countrylifestyle und hält Abstand zu dieser „gehobenen“ Gesellschaftsschicht. Ich fühle mich auch wohler so, lieber etwas verschroben als gehoben.
Jeweils um Mitternacht sammeln sich Gewitterzellen, es blitzt und grummelt vom Himmel, und kurz bevor es loszugehen scheint, verschiebt sich der Wolkenbruch wieder.
Die Shan feiern heute Neujahrsfest, schon mit dem ersten Tageslicht war lautes Feuerwerk zu hören. Jetzt beginnt wieder das gesellschaftliche Leben hier, denn die Shan bei uns sind die grösste Volksgruppe : ausgehen, feiern, reisen, Eltern besuchen ...... (Im übernächsten Dorf leben hauptsächlich Shan aus Burma, die seien in Wesen und Charakter wiederum unterschiedlich zu den Thai-Shan — ja, und dann gibt es natürlich noch wie immer in Thailand, verschiedene Untergruppen — nein, soooo einfach ist es hier tatsächlich fast gar nie)
Ich liege wieder flach, weh und ach. Der Körper hat es aus eigener Kraft nicht geschafft, mit der Infektion fertig zu werden. Heute früh habe ich zur Chemiekeule gegriffen, das heisst nun 1 Woche Schonung.
Falls es nicht mehr schreiben will bis dahin, bye bye vorerst.
Bei so netten Besserungswünschen muss es einem ja schnell wieder besser gehen, freundlichsten Dank ! Ja —
Erstaunlich schnell, nach gerade mal 3 Kapseln, haben die eingedrungenen Viren und Bakterien die Oberhand in der offenen Feldschlacht verloren, sie haben sich in Nischen und Verstecke zurückgezogen und warten ab, ich dagegen bin den Dauerschmerz im Kopf wieder los und übergebe das Schlucken wieder, bereits um vieles zuversichtlicher, der körperlichen Automatik.
Dergestalt umtost von Gefühlen der Erlösung war gestern Abend gute Stimmung im Haus. Michelle verzog sich freudig in ihr Zimmer — sie durfte nochmals irgend welches staatlich erlaubtes Kinderprogrammzeugs anschauen. Sie fällt dann augenblicklich in eine Art Hypnose und braucht am Ende jeweils eine bestimmte Aufwachzeit, um wieder zu Sinnen zu kommen.
Ich hatte nämlich eine Rückenmassage zugut ! Wenn Niwgoy und ich über etwas geteilter Meinung sind, wetten wir ganz gerne, und ich bin süchtig nach ihren Händen. Sinniere ich darüber nach, was mich bei Niwgoy bleiben lässt trotz Pandoraklima dieses Jahr hier, dann lande ich zuletzt bei ihren Händen.
Sowieso versteh ich nicht so recht, wieso ich diese Frau liebe. Sie ist eher das Gegenteil von einer Frau meiner Träume. Ich liebte und vergötterte die eleganten Hohlfüsse meiner Exfrau, die ich fast allabendlich streichelte und liebkoste. Niwgoys Füsse dagegen sind so fleischig platt wie die Niederlande und die Zehen stehen raus wie die Auswüchse einer Kartoffel. Wahnsinn — ich liebe die sanfte, langgezogene Einbuchtung der weiblichen Taille, bei Niwgoy finde ich nichts davon, sie erinnert eher an eine niedere Kommode mit 2 grossen Schubladen drin. Wie bin ich fasziniert von schmalen Gesichtern, worin die Mundwinkel recht um die Ecke gehen müssten, um dem anderen Mundwinkel zu begegnen — sogar die Thais halten Niwgoy oft für ein Erzeugnis von Mao, dabei ist sie doch eine Lanna.
Ihr begreift sicher, wie unbegreiflich diese Partnerwahl ist. Aber ihr kennt nicht den Bann ihrer Hände. Wäret ihr je in die Fänge dieser Finger, dieser Handballen, dieser Zangenwunder geraten, dann könntet ihr mich verstehen. Begreift sie mich, dann fühle ich wie ein erwachsener Waise, der zum ersten Mal fühlt, was das hätte sein können — Geborgenheit in einer kalten Welt ......