Konto CH für Expats

Papierkram, Visum, Gesetzte, Steuern etc.
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thaithom
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Konto CH für Expats

#1

Beitrag von thaithom »

Auslandschweizer werden bei Schweizer Banken zunehmend schickaniert:
Steigende Gebühren, wachsender bürokratischer Aufwand oder schlicht und einfach die Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen.
Eine Motion der ASO (Auslandschweizer-Organisation), wonach Finanzinstitute mit Staatsgarantie Ausland-Schweizer zu fairen Konditionen aufnehmen müssen, wurde vor zwei Wochen hauchdünn abgelehnt.
Eine Resolution an Frau Leuthard wurde abschlägig beantwortet.
Nun plant der Auslandschweizerrat, rechtliche Schritte gegen die Postfinance zu unternehmen.
ASO-Vorstandsmitglied Nationalrat Roland Büchel: " Auch wenn Klagen nicht mein Weg sind, es muss endlich etwas geschehen in dieser Frage. Es fehlt der Respekt gegenüber den Auslandschweizern."
ASO-Präsident Remo Gysin: "Wir sind nicht bereit, die heutige Situation zu schlucken."

Quelle: Sonntagsblick 21.5.17
Gruss Thomas
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tom
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Re: Konto CH für Expats

#2

Beitrag von tom »

Vielleicht ernte ich nun einen Shitstorm.... aber: wenn jemand auswandert, der Schweiz der Rücken zu dreht, nicht mehr in der Schweiz leben will... Weshalb sind dann Ansprüche an Institutionen in der Schweiz gerechtfertigt?

Bitte nicht falsch verstehen... Ich will niemanden diskreditieren. Aber ich finde es irgendwie etwas doppelmoralisch.

Gruss Tom
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thaithom
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Re: Konto CH für Expats

#3

Beitrag von thaithom »

tom hat geschrieben:Weshalb sind dann Ansprüche an Institutionen in der Schweiz gerechtfertigt?
2017-05-21-21-39-58-.jpg
2017-05-21-21-39-58-.jpg (5.93 KiB) 3351 mal betrachtet
Das rote Büchlein reicht mir für einen Anspruch.
Aber dieser Anspruch mag wohl von Schweizern, die tatsächlich ausgewandert sind, anders gesehen werden als von "Sesshaften".
Gruss Thomas
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Michaleo
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Re: Konto CH für Expats

#4

Beitrag von Michaleo »

thaithom hat geschrieben: Das rote Büchlein reicht mir für einen Anspruch.
Kann man an eine gewinnorientierte Bank einen Anspruch stellen?
Vielleicht nicht.

OT: Am meisten Strom benötigt wohl die energieintensive Industrie, und die bekommt ihn günstiger als wir Privathaushalte. Ich denke auch, dass diese Abstimmung ein Denkzettel vom Stimmvolk an die Vetternwirtschaft der Stromerzeuger ist. Am meisten haben ja sie verdient, auch wenn sie geklagt haben, dass der Schweiz das Licht ausgehen wird, ohne AKW.

Und wenn schon?
Dann gäbe es halt keine solche Industrie mehr, und die Leute würden andere Arbeiten verrichten, die dann anfallen.
Freundliche Grüsse L-)
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thedi
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Re: Konto CH für Expats

#5

Beitrag von thedi »

Michaleo hat geschrieben:Kann man an eine gewinnorientierte Bank einen Anspruch stellen?
Wenn eine Bank eine Staatsgarantie hat, könnte man natürlich schon eine Gegenleistung daran knüpfen. Es fragt sich dann natürlich, ob diese Gegenleistung zum Nutzen der Auslandschweizern sein soll.

Tom argumentiert mit eher nein: Auslandschweizer haben ihrem Land den Rücken gekehrt, weitere Forderungen an Schweizer Institutionen zu stellen scheint ihm doppelmoralisch. Ein Standpunkt den ich durchaus verstehe.


Nur ... das Wort Doppelmoral ist mir aufgestossen.
  • Die Schweizer Politik wirbt bei Auslandschweizern, dass sie sich an Wahlen beteiligen. Einige Parteien haben eine Auslandschweizer Sektion, so wie sie kantonale Sektionen haben. Bei den Wahlen sind die Stimmen der Auslandschweizer begehrt - danach gehen ihre Interessen vergessen. Nicht dass das den Wählern in der Schweiz grundsätzlich anders erginge - aber trotzdem soll das nochmals erwähnt werden: als Stimmvieh sind die Auslandschweizer durchaus erwünscht.

    Auslandschweizer werden auch bei den Pflichten nicht ganz vergessen. Wer noch militärdienstpflichtig ist, weiss das. Ich bezahle weiterhin jedes Jahr über 3000.- CHF Steuern an den Kanton Bern, da meine Pensionskasse eine öffentlichrechtliche ist. Obwohl in der Schweiz abgemeldet, bin ich weiterhin verpflichtet Zivilstandsänderungen etc. der Botschaft zu melden - ja ich bin auch verpflichtet, mich bei der zuständigen Botschaft anzumelden.

    Gegenüber der Schweiz habe ich auch gewisse Rechte: ich habe während 44 Jahren Beiträge an die AHV bezahlt - und während 42 Jahren an meine Pensionskasse. Natürlich leite ich davon nun ein Anrecht auf die mir zustehenden Renten ab.

    Als ich noch in der Schweiz lebte, musste ich ein Bankkonto haben - das verlangte mein Arbeitgeber. Meine Pensionskasse würde zwar meine Rente auch nach Thailand schicken, aber andere Pensionskassen verlangen, dass sie die Rente auf ein Konto in der Schweiz überweisen können. Wer noch eine Hypothek auf einer Liegenschaft in der Schweiz hat, braucht eine Verbindung zu einer Schweizer Bank. Solange solche Einschränkungen vom Gesetz her erlaubt sind, sollte das Gesetz auch dafür sorgen, dass Auslandschweizer zu vernünftigen Konditionen eine Bankkonto in der Schweiz eröffnen können. Nicht nur Diktatoren und Oligarchen sollten willkommen sein.
Auslandschweizer kehren der Schweiz nie vollständig den Rücken. Wer einen roten Pass hat, bleibt immer mit der Schweiz verbunden. Auslandschweizer sind nicht ausgebürgert - es sind Schweizer die im Ausland leben und ihre Rechte und Pflichten gegenüber der Schweiz wahrnehmen müssen. Von wegen Doppelmoral: da wäre es doch toll, wenn die Schweiz auch uns gegenüber .... na ja, lassen wir das - tatsächlich geht es den Schweizern in den Schweiz diesbezüglich ja auch nicht viel anders: die Kleinen gehen gerne vergessen - und Auslandschweizer sind eben sehr klein - verglichen mit UBS, CS, Novartis usw.

Auslandschweizer haben keine finanzstarke Lobby, die zu grosszügigen Nachtessen und Übernachtungen im Hotel Schweizerhof in Bern einladen kann. Die ASO stösst mit unseren Anliegen meistens auf taube Ohren: "was wollen die den noch da? die sind doch ab ins Ausland abgehauen und sollen nun gefälligst hier den Mund halten."

---

Bei den Banken stosse ich mich speziell an der Postfinance. Gehört zu 100 % dem Bund - auch wenn sie juristisch eine AG ist. Es ist nicht etwa so, dass die Politik dort nicht trotzdem mitmischt. So sind der Postfinance zum Teil die Hände gebunden - sie darf den grossen Banken nicht wirklich Konkurrenz machen. Aber wenn es darum ginge, dass die Postfinance von der Politik verpflichtet würde, Auslandschweizern faire Konditionen anzubieten, da findet sich keine Mehrheit im Parlament. Die Auslandschweizer-Sektion der Partei können sich gegenüber den Interessen der Gross-Banken nicht durchsetzen. Denn natürlich würden fair Konditionen bei der Postfinance auch einen gewissen Druck auf die AGB der Grossbanken ausüben.

Dass sich Auslandschweizer in diesem Fall nun etwas düpiert fühlen, ist eben genau so verständlich wie Tom's Argumentation. Man kann es so oder so sehen.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi
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thedi
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Re: Konto CH für Expats

#6

Beitrag von thedi »

Die ASO verlangt keine Bevorzugung von Auslandschweizern gegenüber Schweizern, sondern eine Gleichstellung.

Schweizer sollen unabhängig von ihrem Wohnsitz von Schweizer Banken gleich behandelt werden. Ohne Phantasie-Gebühren. So exotisch ist das jetzt auch wieder nicht dass man nun von Doppelmoral sprechen müsste (sorry Tom - ist nicht persönlich gemeint).

Es gibt ein Bankengesetz, das Banken viele Vorschriften macht. Wenn man die Gleichbehandlung von Schweizern unabhängig vom Wohnsitz dort nicht für alle Banken in der Schweiz verankern will, dann doch auf jeden Fall für Banken mit einer Staatsgarantie - diejenigen die to big to fail seien und deren Schrottpapiere der Bund bei Bedarf übernimmt.

Auf jeden Fall auch von der Postfinance. Bei der zählt das Argument, dass sich die Politik nicht einmischen soll, nicht - sie mischt sich schon ein. Zudem ist sie historisch aus einem Bundesbetrieb - der PTT - entstanden. Und das heisst Service Public.

Die Begründung für die Sondergebühren die einige Banken erheben - die anderen Banken schliessen Auslandschweizer ganz aus - sind hahnebüchend. Der Mehraufwand für den automatischen Informationsaustausch betrifft allenfalls Kunden mit Wohnsitz in DE oder USA - aber nicht mit Wohnsitz in TH. Warum sind dann z.B. bei der Postfinance diese Sonder-Gebühren bei Wohnsitz in TH mehr als doppelt so hoch wie bei Wohnsitz in DE?

Meiner unmassgeblichen Meinung nach sind die Gebühren einfach eine billige Art Geld zu erpressen von Leuten, die sich de facto nicht wehren können.

--

Es gäbe ein paar gute Gründe warum Schweizer niederschwellig und fair zu einem Konto bei einer Schweizer Bank berechtigt - ja eigentlich schon eher genötigt werden sollten:

Altersvorsorge, insbesondere 3 Säule.

Diese wird am 65 Geburtstag oder bei Wegzug ins Ausland ausbezahlt. Wenn man dann bei keiner Schweizer Bank ein Konto hat, bekommt man das Geld bar in die Hand. Bargeld hat eine teifere Halbwertszeit als Geld auf einem Konto. Insbesondere in einer Umgebung wie Pattaya - nicht nur wegen den Girls. Da lauern auch noch einige fragliche Gestalten mit langen Nasen.

Hypotheken

In der Schweiz wird Wohneigentum gefördert. Man kann sogar die 2. Säule belehnen wenn man sich ein Häuschen bauen will. Wer eine Hypothek bei einer Schweizer Bank hat, muss dort auch ein Konto haben. Wenn man pensioniert wird, verändern sich die Einkommensverhältnisse und dadurch muss oft ein Teil der Hypothek zurück bezahlt werden. Das belastet schon. Wenn nun noch dazu kommt, dass einem das Konto gekündigt wird, und man in dieser Situation eine neue Bank für eine Hypothek suchen muss - Schweizer Banken fallen wegen Umzug ins Ausland da nun weg - muss das Haus unter Umständen notgedrungen verkauft werden - bye bye das erhoffte Einkommen aus einer Vermietung. Dafür steht man unverhofft mit einem Bündel Bargeld da - mit entsprechend reduzierter Halbwertszeit.

Pensionskassen

Zahlen zum Teil Renten nur auf Bankkonto in der Schweiz.

Rückkehr

Es kommt häufiger vor als man meint, dass ein Auswanderer nach ein paar Jahren bei nachlassender Gesundheit wieder zurück kehrt. Wenn er immer noch ein Konto bei einer Schweizer Bank hätte, wäre die Chance besser, dass sein erster Gang nicht direkt zum Sozialamt geht.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi
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nonthaburi
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Re: Konto CH für Expats

#7

Beitrag von nonthaburi »

Als Mitarbeiter der PostFinance will ich mich hier nicht allzu gross bei der Diskussion beteiligen. Ich würde mir wohl die Finger verbrennen.
So einfach wie es hier jetzt dargestellt wird ist die Problematik aber wohl nicht.

Hier noch ein Interview mit dem CEO. Betrifft zwar nicht das hier genannte Problem, aber gibt einen interessanten Einblick in die (immer wieder mal aktuellen) Probleme und Hürden der PostFinance.
Dateianhänge
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thaithom
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Re: Konto CH für Expats

#8

Beitrag von thaithom »

Frage an die "Profis":
Ein befreundeter Banker (nicht von meiner Bank!) sagte mir, dass es der Bank eigentlich egal ist, wo ich wohne. Wichtig sei in erster Linie, dass ich in der Schweiz eine Korrespondenzadresse habe. Damit kann ich dienen.
Ich kenne mich mit den entsprechenden Gesetzen überhaupt nicht aus.
Verstosse ich mit einer solchen Lösung (in der Schweiz abgemeldet und Schweizer-Adresse ausschliesslich für die Bank) gegen irgend etwas?
Gruss Thomas
"Kun Chang"
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thedi
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Re: Konto CH für Expats

#9

Beitrag von thedi »

thaithom hat geschrieben:Verstosse ich mit einer solchen Lösung (in der Schweiz abgemeldet und Schweizer-Adresse ausschliesslich für die Bank) gegen irgend etwas?
Du verstösst gegen die AGB der Bank. Dort steht unter anderem, dass Kunden verpflichtet sind, der Bank ihren richtigen Wohnsitz zu melden.

Schweizer Banken verlangen zusätzliche Gebühren von Kunden mit Wohnsitz im Ausland. Das bewegt sich zwischen 10.- CHF (Migros Bank) bis 40.- CHF (die grossen, Systemrelevanten) im Monat - oder 120.- bis 480.- CHF im Jahr. Natürlich zusätzlich zu allen anderen Gebühren, welche die Bank auch von Kunden mit Wohnsitz in der Schweiz verlangt.

Banken begründen diese Gebühren damit, dass sie mit den automatischen Datenaustauschabkommen wie sie z.B. zwischen CH und DE bestehen, einen zusätzlichen Aufwand haben. Generell haben Schweizer Banken seit den Milliarden-Bussen in USA weniger Interesse an Kleinkunden im Ausland.

Das Argument mit den automatischen Datenaustausch kann natürlich bei Wohnsitz in TH nicht wirklich diese Sondergebühren begründen - da hier kein Datenaustausch statt findet. Die Sondergebühren sind aber trotzdem willkommen und werden auch trotzdem erhoben. Die Banken begründen das damit, dass es zu kompliziert wäre, wenn ihre Computer so programmiert müssten, dass die Gebühren je nach Wohnsitzland und damit verbundenem Aufwand verschieden erhoben würden.


Anderseits stimmt aber, dass die Bank den offiziellen Wohnsitz aller Kunden kennen muss - dort wo er steuerpflichtig ist, damit sie abklären kann, ob sie eine allfällige Datenaustausch-Pflicht zu erfüllen hat. Weiter wird vorgeschoben, dass die Wohnsitzmelde-Pflicht Banken helfe gegen Geldwäscher oder gegen Umgehung von internationalen Sanktionen vorzugehen. Eine reine Briefkasten-Adresse könnte den eigentlichen Besitzer des Kontos verschleiern. Damit begründen sie die Bestimmung in den ihren AGB.


Mit freundlichen Grüssen

Thedi
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Re: Konto CH für Expats

#10

Beitrag von thaithom »

Wie immer fundiert.
Danke
Gruss Thomas
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