Seenotrettung

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tom
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Seenotrettung

#1

Beitrag von tom »

Gleich vorab: dies ist und wird kein Thread über Flüchtlinge. Und alles auch nur ansatzweise rassistische wird entfernt.

Mir geht es um den Begriff "Seenotrettung" und um die aktuelle Verhaftung der Kapitänin Carola Rackete. Vor rund 2 Wochen hat sie und ihr Schiff auf offener See 40 Menschen an Bord genommen bei denen sie davon ausging, dass sie am eigenen Leben bedroht sind.

https://www.bluewin.ch/de/news/internat ... 69320.html

Doch worum geht es beim Begriff Seenotrettung?

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Seenotrettung

Wie geschrieben mir geht es nicht um diese 40 Menschen welche aus was für Gründen auch immer ihre Heimat verliessen und in dieses Schlauchboot stiegen
Aber sind wir inzwischen wirklich soweit dass es akzeptabel ist Leute zu verhaften die andere retten? Sind wir heute soweit dass es okay ist wenn die reichen europäischen Länder stattdessen obskure Organisationen finanziell unterstützen welche dann selber als Schlepper fungieren und gleich doppelt absahnen?

https://www.fluechtlingshilfe.ch/news/m ... ttung.html

Sind wir soweit dass es einfach so hingenommen wird? Lieber jemanden in Haft nehmen der hilft anstatt jemanden zu retten?

Was für eine Welt.... was für ein Europa.

Gruss Tom
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drfred
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Re: Seenotrettung

#2

Beitrag von drfred »

ich habe zur schifffahrt wie zum rettungswesen nur laienkenntnisse, finde @tom wirft aber ganz spannende fragen auf. es sei mir gestattet, dies noch etwas zu abstrahieren und zu fragen: wann ist man zu hilfe verpflichtet? unter welchen umständen wiederum davon entbunden?

in der schweiz gilt die nothilfepflicht:
Art. 128 im Schweiz. Strafgesetzbuch (StGB) zur Nothilfepflicht: ,,Wer einem Menschen, den er verletzt hat, oder einem Menschen, der in unmittelbarer Lebensgefahr schwebt, nicht hilft, obwohl es ihm den Umständen nach zugemutet werden könnte, wer andere davon abhält, Nothilfe zu leisten, oder sie dabei behindert, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft".
demnach hat jedermann entsprechend seinen fähigkeiten und kenntnissen unverzüglich alles erforderliche zu tun, um einem in lebensgefahr schwebenden menschen zu helfen. ausserdem, und das wird oft vergessen, haben diese menschen das anrecht auf unsere verschwiegenheit.

nur wie schaut es aus, wenn sich jemand vorsätzlich oder wieder bessern wissens in lebensgefahr bringt? das gesetz in der schweiz macht hier keinen unterschied. hilfeleistung ist auch dann verpflichtend. der gerettete muss aber damit rechnen, dass ihm allfällige, durch seine rettung entstandene kosten auferlegt werden.

bis hierhin scheint der fall klar. hat der gerettete nun aber ein mittspracherecht, wohin er in sicherheit gebracht wird? aus meiner sicht naheliegend wäre, den nächsten sicheren ort anzusteuern, welcher über die nötige infrastruktur verfügt um ggf. verletzungen zu versorgen. hier scheiden nun aber die geister. insbesondere falls dies dann auch noch zu einer illegalen einreiseführt. macht sich der retter zum komplizen? wurde im vorfeld seine hilfeleistung schon fest einkalkuliert, eine notsituation billigend in kauf genommen oder sogar - in krimineller und menschenverachtender weise - absichtlich herbeigeführt?

hätte ich die anworten (oder zumindest den eindruck sie zu haben) auf meine gestellten fragen, ich würde mich um ein entsprechndes amt bewerben. so bin ich froh, mir zwar eine meinung bilden zu dürfen, aber - gottseidank - keine weitreichenden entscheidungen fällen zu müssen.
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tom
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Re: Seenotrettung

#3

Beitrag von tom »

Vielleicht noch ergänzend: es gibt das Nothafenrecht:

https://de.m.wikipedia.org/wiki/Nothafenrecht

Lampedusa ist die erste erreichbare Insel zwischen Libyen und Europa.

Ich will die Gründe für eine Flucht nicht beurteilen. Ist es weil man Angst um sein Leben hat? Weil man ein besseres Leben möchte? Weil schon Familienangehörige vorher geflüchtet sind? Ist mir egal... Es ist mir ja auch egal weshalb Menschen nach Thailand oder Spanien auswandern. Aber hier geht es um Hilfe.

Hilfe zu leisten ist für mich ein Muss. Selbst dann wenn man Hilfesuchende sucht.

Gruss Tom
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phimax
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Re: Seenotrettung

#4

Beitrag von phimax »

@tom:
Was für eine Welt.... was für ein Europa.
Ganz schwieriges Thema ;;)
Wenn es wertfrei diskutiert werden soll, dann könnte dem einen oder andern das Ergebnis nicht gefallen.
drfred hat geschrieben:
Sa 29. Jun 2019, 21:19
bis hierhin scheint der fall klar.[...]
Zu deinen Fragen kommt folgendes hinzu:
https://www.auswaertiges-amt.de/de/Reis ... eit/219624 Also das Argument die SW3 hätte die Geretteten nach Libyen bringen sollen, greift vor dem Hintergrund der Reisewarnung nicht:
Das Land gilt als nicht Sicher. Somit ist die Entscheidung für einen sicheren Hafen naheliegend.

https://www.spiegel.de/politik/ausland/ ... 74294.html Italien ist ein souveräner Staat mit einer gewählten Regierung. Egal wie man zu deren Gesetze steht, sie sind wohl bindend.

Vor diesen Hintergrund hätte die SW3 auch einen anderen Hafen suchen und finden können.
Die Frage bleibt also, warum sie es nicht getan hat.

Vielleicht sollte ein Exempel statuiert werden und alles daraus resultierende nutzen nun beide Seiten für sich.
Das hätte man imho vermieden sollen, denn es wird auf Kosten zukünftiger Hilfesuchender ausgetragen.

Die ganze Geschichte um die SW3 trägt imho nur dazu bei, das der Graben breiter geworden ist.
Orwell war ein Optimist :-s

turntablism
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Re: Seenotrettung

#5

Beitrag von turntablism »

Erinnert mich gerade an den Film Styx (2018)
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Colothani
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Re: Seenotrettung

#6

Beitrag von Colothani »

@Tom, ist dir diese Meldung entgangen? -aus der BernerZeitung

Die Geschäfte gehen ihren Gang,
Schlepper aus Libyen setzen auf neue Methoden, um Migranten nach Italien zu bringen.
Die Organisatoren von Geisterfahrten verlangen viel mehr Geld für die Reise, weil die relativ bequem und sicher ist: bis zu 15'000 Euro.

Die europäische Grenzpolizei Frontex filmte die beiden Boote mit einer Drohne aus grosser Höhe, schon kurz nachdem es in Libyen abgelegt hatte.
Sea Watch 3 wartet noch
Sechzig Seemeilen vor Lampedusa stoppte das Boot. Die Migranten, von denen jeder 3000 bis 4000 Euro bezahlt haben soll, erhielten Rettungswesten und bestiegen den kleinen, weissen Aussenborder: billige Fertigung, schwacher Motor. Als das «Mutterschiff» umkehrte, setzte ihm ein Schnellboot der Guardia di Finanza nach. Sieben Schlepper, ein Libyer und sechs Ägypter, wurden verhaftet. Ihnen droht nun eine Anklage wegen Begünstigung der illegalen Einwanderung. Die italienische Polizei fand Handys und Dokumente an Bord, die nun helfen könnten, die Bande zu überführen. Das Mutterboot wurde beschlagnahmt.

Die Migranten gingen bald darauf schon an Land. Wahrscheinlich passierten sie bei der Einfahrt in den Hafen von Lampedusa die Sea Watch 3, das Schiff der gleichnamigen deutschen Hilfsorganisation.
https://www.bernerzeitung.ch/ausland/eu ... y/31288267
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thedi
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Re: Seenotrettung

#7

Beitrag von thedi »

Tom, willst Du in diesem Thread nur den Aspekt "Nothilfe" diskutieren, oder soll auch diskutiert werden, wie Staaten auf Erpressungen reagieren sollten?

Mit freundlichen Grüssen

Thedi

Sanukshg
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Re: Seenotrettung

#8

Beitrag von Sanukshg »

Was diese Schiffe machen hat rein weg gar nichts mit der wirklichen Seenotrettung zu tun. Der Bericht von Frontex sowie es auch Funkaufnahmen gibt die das belegen. Das sind nicht anderes als Schlepper und als solche gehören die auch bestraft wegen solcher angeblich Seenotretter wagen sich viele Menschen in fürchterlichen Booten überhaupt aufs Meer und sterben deshalb auch sehr oft.
Seenotrettung heißt im normalen man fährt mit einem Schiff- Boot aufs Meer raus was auch dafür geeignet und zugelassen ist und dann treten Ursachen auf die nicht vorhersehbar waren Wetter- Technik dann wird wenn möglich ein notsignal abgesendet und dann hilft die Seenotrettung mit ihren eigenen Booten oder Schiffe in die sich gerade in der Nähe befinden.
Gruß aus Pluak Daeng
Ernst
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Michaleo
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Re: Seenotrettung

#9

Beitrag von Michaleo »

Soviel ich die Tagesschau verstanden habe geht es hier um einen Machtkampf zwischen der Kapitänin Carola Rackete und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini, nicht wahr?

Beide wollen anhand der 40 Flüchtlinge ein Exempel statuieren. Den 40 Leuten wurde eine Rolle als Statist zugeordnet, sie werden instrumentalisiert, würde ich als Sozialarbeiter sagen. Mir persönlich ist das nicht sympathisch.
Freundliche Grüsse L-)

Sanukshg
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Re: Seenotrettung

#10

Beitrag von Sanukshg »

Michaleo hat geschrieben:
So 30. Jun 2019, 03:21
Soviel ich die Tagesschau verstanden habe geht es hier um einen Machtkampf zwischen der Kapitänin Carola Rackete und dem italienischen Innenminister Matteo Salvini, nicht wahr?

Beide wollen anhand der 40 Flüchtlinge ein Exempel statuieren. Den 40 Leuten wurde eine Rolle als Statist zugeordnet, sie werden instrumentalisiert, würde ich als Sozialarbeiter sagen. Mir persönlich ist das nicht sympathisch.
Das ist richtig aber Tom wollte ja über Seenotrettung was wissen auch da gibt es korrektes zu,man bringt gerettete nicht von einem Kontinent zum anderen sonder zum nächsten sicheren Hafen und der liegt nicht in Europa sondern in Afrika in diesem Fall.
Gruß aus Pluak Daeng
Ernst
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