Beziehung Schweiz - EU

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Uwe
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#41

Beitrag von Uwe »

Das Resultat der Schweiz ist wohl eines der Besten. Dies gilt es ohne Neid anzuerkennen. Dabei geht es auch nicht, um sich einzuschleimen, und sich selber runterzuziehen, um mit Gejammere etwas für sich schlimmer darzustellen als es angeblich ist.
Die Wege der Schweiz und EU könnten unterschiedlich gar nicht sein. Schweiz: Stabilität der beiden Interessen von Arbeitgebern und Arbeitnehmern werden beidseitig geachtet und geschätzt.
In Deutschland will man als starkes EU Mitglied einen anderen Weg gehen: Hierzu ein aktuelles Beispiel aus der Großindustrie: Der Weg in ein vorindustrielles Zeitalter lässt grüßen:
Gewünschte Maßnahmen des Arbeitgebers gegenüber der Arbeitnehmerschaft: Reduzierung/Vermeidung sämtlicher Gewerkschaftsaktivitäten, Verweigerung/Verhinderung von Betriebsratsarbeit, Arbeitsverteilung rund um die Uhr: Arbeitseinsätze auf Abruf: zu jeder Zeit, zu jedem Tag der Woche -Wochenenden/nachts inbegriffen- und das ohne Zuschlagsbezahlung, Arbeit dort ausüben, egal an welchem Standort des Unternehmens (könnte auch France sein): halt Tagelöhner/Wanderarbeiter (es geht hier aber um Fachkräfte), Mitarbeiter sollen sich auf die gleiche Stelle neu bewerben (befristet und geringere Entgeltstufe „inklusive“).
Das sind was für Zustände? Die Sache ist die, wenn man es nicht selbst hört (aus erster Quelle), so glaubt man es nicht, was in der EU so alles möglich scheint. (Es klingt, als ob das Geschrieben ein ausgedachtes böses Märchen wäre. Leider: Ist es nicht.)
Das sind erstmal Versuche und Wunschvorstellungen eines international agierenden Großkonzerns in Europa (und dessen Tochterunternehmen mit Sitz in D.), es ist also noch nicht umgesetzt. Aber allein die mit voller Absicht ausgeheckte Strategie, es so umsetzen zu wollen, spricht doch Bände.

Nun weiß ich nicht -allein aus dem Grunde, da ich zu wenig über die jetzigen Zustände der Schweiz informiert und unterrichtet bin-, ob sich in der Schweiz ähnliche Situationen anbahnen oder gar schon vorhanden sind. ? . Ich gehe davon aus, dass das nicht der Fall ist, weil ja Michaleo hier anderes berichtet.

Die EU hat eventuell noch einen Nachteil: Allein die Größe der Verwaltung (die auf Grund der Anzahl der Mitgliedsstaaten sich wohl die Waage mit der Schweiz hält/halten könnte), aber die Entscheidungshoheit liegt doch in einigen wenigen Händen, und in einigen wenigen Türchen, und diese Türchen sind wenn, dann nur für eine „erlesene Wahl“ an Vertretern (meist einfordernden Lobbyisten) geöffnet.
Warum?
Politiker sind auch Menschen, und jeder Mensch handelt in erster Linie nach seine eigenen (Vorteils-) Interessen: wirtschaftliche/finanzielle Eigennutzorientierung ist eine wichtige Voraussetzung, um frei zu sein, um sich verwirklichen zu können.
Und Machthunger gehört dazu, und die Anbetung derjenigen, die die Machtpositionen besetzten und „leben“, und zwar von denen, die auch gerne so mächtig sein wollen, und sich im Schatten aber bestens aufgehoben fühlen, um sich auch erhaben zu fühlen.
Ist das Gefüge der Machtkonstruktion mit der Amtszeit beendet, und mit den neuen Amtsinhabern ändert sich alles? Und die „ausgedienten“ Staatsdiener geben ihre Macht ab, und verfolgen sie nicht weiter? Nun, wenn da nicht der Eigennutz wäre.

In Gänze muss der Schweiz attestiert werden, dass das Gesellschaftssystem -Ökonomie/Soziales/Freiheit/Gesundheit- mit das Vorbildlichste auf der Welt ist.
Und selbst unter den erwähnten Gesichtspunkt -Eigennutz- ist es in der Schweiz bei Weitem besser bestellt, nämlich in Anbetracht von Bestechlichkeit und Korruption. Und bei der Erkenntnis, dass es im Wesentlichen zur menschlichen Natur gehört, privat eigennützlich zu sein, um darauf hin dann auch für die Öffentlichkeit der Gesellschaft und Bürger Gutes zu vollbringen, zeigt im erheblichen Maße, dass es in der Schweiz ein Menschenschlag -Amtsträger/Beamte/Politiker- gibt, der den geringsten Schaden für eine Nation anrichtet/„produziert“, und das Bestmögliche machbar macht, was eben ein Optimum an Ergebnis und Resultat für die Gesellschaft zulässt. Und was sich eben auf ein nicht ausschließbares an Bestechlichkeit und Korruption beschränkt, aber auf ein doch sehr beachtenswertes Minimum reduziert, wie gesagt, weil es lässt sich real beim besten Willen nicht ganz und vollständig vermeiden: Es liegt in der Natur des Menschen/in der Natur der Dinge.

Jedenfalls ist da die Schweiz ein Weltmaßstab. Und warum ist ein Nacheifern auf diesen Level auch zu kommen, von der EU -insbesondere D.- nicht möglich?

Das amerikanische -liberale- System ist ja von sich auch überzeugt, dass es das Beste sei, was die Welt zu bieten hat:
Kein Zwang von Sozialabsicherung wie Rente und Krankenversicherung, keine staatl. Rundfunkabgaben, etc.
Das liberale System sagt von sich, dass es in diesem System den Rassismus reduziert*.
Tja, also seit Georg Floyd -und einigen anderen davor- hat sich die Aussage als 100%ig unwahr entpuppt, und deckt eine massive Schwäche auf, die die wohlgepriesene Freiheit ganz stark relativiert, weil eben Rassismus ganz klar einem Zweiten Schaden zufügt und diesen in der Freiheit beraubt, was den Grundlagen des Liberalem völlig widerspricht.
Somit hat das amerikanische System, welches ja immer wieder versucht wird -oops: sogar manchmal mit Gewalt, also Zwang- in anderen Staaten der Welt zu etablieren, eine „Baustelle“ mehr, und kann sich damit nicht mehr als perfekt und „sauber“ darstellen (was sie dennoch tut).

*Friedman: Capitalism and Freedom –CaF-: "Reduzierung von Diskriminierung aufgrund politischer, religiöser und ethischer Unterschiede" : als Ausdruck der gemeinhin vollkommensten Verwirklichung eines jeden Menschen für sein Freisein im liberalitärem Gesellschaftssystem.

Insgesamt macht das Schweizer Gesellschaftssystem (Kompromisse eingeschlossen) die fortschrittlichste Wegbeschreitung, wenn es darum geht, Wohlstand -in der Sozial-/Arbeits-/Gesundheits-/Renten-/Renditenwelt- zu erlangen.
So mein Fazit.
So ist eine Verhandlung zwischen Schweiz und EU nur auf Augenhöhe möglich. Und wenn die Augen etwas schärfer/geschärfter in der Schweiz sind, dann sollte die Schweiz keine Rolle rückwärts machen, sondern umgekehrt, die EU muss sich eine Rolle vorwärts bewegen, so meine Schlussbetrachtung.
Viele Grüße Uwe
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tom
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#42

Beitrag von tom »

Selten ein Posting gelesen in welchem sich ein Member so viele Gedanken machte. Danke. Mit Links und Rechts hat dies nämlich überhaupt nichts zu tun, mehr um Einstellung und Lebensart. Und wenn ich nun heute lese wie die EU als Reaktion nun der Schweiz droht, dann bestärkt mich das darin dass man als kleines Land nicht einfach kuschen sollte.

Meiner Meinung nach wurde die EU einfach zu gross. In der Schweiz bringt man 4 verschiedenste Regionen noch einigermassen zusammen trotz der Unterschiedlichkeit. Und dank dem Ständemehr haben auch kleine Kantone ein grosses Mitspracherecht. Die EU kann dies gar nicht mehr, was kein Vorwurf ist. Können die meisten ja nichts dafür.

Gruss Tom
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ZH-thai-fun
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#43

Beitrag von ZH-thai-fun »

7 Jahre Parteien "trözelen". Größenwahn kommt meist, vor dem Fall, und dieser nach den Machtspielen einiger wenigen gegen die Mehrheit und Global- zumindest Kontinents- Vernunft. Soviel von mir zum unnötig verunmöglichten Rahmenabkommen. Auch an Rosinenpickerei kann man/n sich verschlucken. ... :ymdevil:
Nur wer Negatives wahr'nimmt, kann auch Positive genießen.
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Michaleo
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#44

Beitrag von Michaleo »

Uwe hat geschrieben:
Do 27. Mai 2021, 16:06
So ist eine Verhandlung zwischen Schweiz und EU nur auf Augenhöhe möglich. Und wenn die Augen etwas schärfer/geschärfter in der Schweiz sind, dann sollte die Schweiz keine Rolle rückwärts machen, sondern umgekehrt, die EU muss sich eine Rolle vorwärts bewegen, so meine Schlussbetrachtung.
Ja, das ist so. Die EU wollte zwingen, dass sich die Schweiz gegen unten anpasst, also schlechtere Bedingungen akzeptiert, und die Schweiz hat sich zum Glück dagegen gewehrt.

Wobei ich nicht denke, dass ein Akzeptieren des Rahmenabkommens der pure Untergang gewesen wäre, die Schweiz hätte sich sehr wohl auch weiter wehren können. Gerade bei der Anpassung der Sozialversicherungen (der sog. Unionsbürgerrichtlinie) weiss ich, dass das schlicht nicht funktioniert hätte, und die Folge wäre gewesen, dass alle Ausländer in der Schweiz den Kürzeren gezogen hätten. Beim Lohnschutz wäre eh klar, mit so tiefen Löhnen wie in der EU üblich sind kann man in der Schweiz gar nicht leben.
Freundliche Grüsse L-)

Uwe
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#45

Beitrag von Uwe »

tom hat geschrieben:
Mi 26. Mai 2021, 21:20
Dies sehe ich ähnlich. Auch den Lohnschutz respektive die flankierenden Massnahmen dazu dürfen nicht so aufgeweicht werden, wie es die EU gerne gehabt hätte.
Hier mal klar aufgezeigt, wie in Deutschland bei der Bauernschaft bei der Ernte mit welchen Arbeitern zu welchen Bedingungen entlohnt wird:
https://taz.de/Auslaendische-Erntehelfer/!5773689/
Macht also pro Monat ca.2000€ minus Unterkunftkosten und Essenkosten (1x Mittag ? ), und ohne zusätzliche Abgaben an den Staat, bei einem gesetzl. Mindestlohn von 9,50€, den der Unternehmer zu zahlen hat. Für den Arbeitnehmer auch sehr lukrativ, selbst wenn er darauf keine Rente kriegt, weil in der Heimat, wenn er dann vor Ort überhaubt Arbeit bekäme, mit unfassbar wenigen 2,84€ gesetzliche Mindestlohn überleben muss. Aber ist dieser krasse Gegensatz in der EU sozial, wirtschaftlich, werte- und würdemäßig nicht voll daneben? Sollte ein Arbeiternehmer nicht in seinem eigenem Land sein Leben haben, und auch dort mit entsprechendem Lohn- und Gehaltniveau arbeiten, selbst wenn es zeitlich temporär im Ausland "nur" 3-4 Monate sind?
Wie gestaltet sich die Situation in der Schweiz mit Erntehelfern (aus dem Ausland auch ?) in der Landwirtschaft? Weiß Tom, Michaleo oder jemand anderes etwas darüber, oder kann was recherchieren? Interessiert mich brennend.

Hier aus den USA ein Bericht, wo schön aufgezeigt wird, dass der gesetzl. Mindestlohn, je nach dem ob es New York ist, oder anderswo, 12,50$ oder 7,25$ beträgt, oder halt noch krasser, wenn der Mindeslohn im Gastro-Gewerbe nicht gilt, und mit 2,83$ vergütet wird.
https://www.zeit.de/politik/ausland/202 ... beitsmarkt
Und ein Beispiel, wo auf die Untergrenze von 7,25 verzichtet wird, und der Unternehmer stattdessen 15$ zahlt:
Zitat:"Es habe keine Umsatzeinbußen gegeben und weniger Personalwechsel als sonst. Zudem seien die Mitarbeiter auch weniger ausgezehrt und Burn-out-gefährdet, weil sie nicht mehreren Jobs gleichzeitig nachgehen müssten, um über die Runden zu kommen."
Ganz in dem Sinne:
Michaleo hat geschrieben:
Mi 26. Mai 2021, 20:22
... Arbeitnehmer. Sind diese zufrieden, werden regelmässig geschult und gut entlöhnt, stärkt das die Schweiz.
Viele Grüße Uwe
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Michaleo
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#46

Beitrag von Michaleo »

Uwe hat geschrieben:
Mo 31. Mai 2021, 19:16
Wie gestaltet sich die Situation in der Schweiz mit Erntehelfern (aus dem Ausland auch ?) in der Landwirtschaft? Weiß Tom, Michaleo oder jemand anderes etwas darüber, oder kann was recherchieren? Interessiert mich brennend.
Gemäss Bauernverband , und der ist hier wohl ausschlaggebend, in Franken:
Erntehelfer.jpg
Erntehelfer.jpg (15.08 KiB) 748 mal betrachtet
Davon abgezogen werden noch Kost & Logis (wahrscheinlich etwa Fr. 1000.-) und Steuern (etwa 12%).
Freundliche Grüsse L-)
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tom
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Re: Beziehung Schweiz - EU

#47

Beitrag von tom »

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